„Bei Kaffee aus dem Supermarkt läuft meistens sehr viel schief“

Shownotes

Fast eine glückliche Fügung war es, dass sich Anna Schättgen und Gio Hidalgo bei Aufnahmen für Schättgens „Kaffeesahne Podcast“ im Juni 2020 wiedertrafen, denn beiden spielte die Pandemie nicht wirklich in die Hände. „Gio hat 2019 gegründet und angefangen, Kaffee aus ihrem Heimatland Ecuador zu importieren“, erzählt Schättgen im Podcast ekonomy mit K. Dementsprechend konnte sie nicht mehr nach Ecuador reisen. „Ich habe Anfang 2020 gegründet und wollte Workshops und Kaffeeevents machen – die haben dann pandemiebedingt natürlich nicht so gut funktioniert.“

Gemeinsam haben beide im Herbst 2020 Giovanna Kaffee gegründet, um Hidalgos Kaffee über einen von Schättgen betriebenen Onlineshop zu verkaufen. Fair und nachhaltig sollten Produktion und Handel sein, damit das Geld in die richtigen Hände fließt, wie Hidalgo in einer Sprachnachricht erklärt. „Ich wollte den Rohkaffeeimport anders machen, ich wollte das so direkt, so fair, so nachhaltig wie möglich machen“ – daher stünden zwischen den Kaffeeproduzenten und Kaffeekonsumenten lediglich Schättgen und sie selbst. Gehälter der Produzenten beispielsweise seien einsehbar. Hidaldo sagt, sie wäre zweimal im Jahr vor Ort, einmal vor und einmal während der Ernte, um sich mit den Kaffeeproduzentinnen auszutauschen, die Qualität zu optimieren und neue Produzentinnen zu schulen.

Die Zusammenarbeit findet beispielsweise mit einer Frauenkooperative statt, zu der sich rund 400 Frauen aus Ecuador zusammengeschlossen haben, um ihren in Mischkultur angebauten Kaffee gemeinsam zu vermarkten. „Oft ist es so, dass Frauen in Kooperativen produzieren, die aber von einem Mann verwaltet werden“, bei dieser sei es anders, so Schättgen. „Es gibt so viele Frauen, die im Kaffeebereich arbeiten, aber meist sind sie diejenigen, die hinter der Theke stehen und den Kaffee anbauen – sobald es aber um die Verwaltung und irgendwas mit Geld geht, liegt es in Männerhand.“ Sie wollten sich als Frauen in den Vordergrund stellen. „Es geht darum, präsent zu sein, damit sich andere Frauen und Mädchen vorstellen können, das auch zu machen.“

Der Onlineshop von Giovanna Kaffee soll schon Anfang März durch ein Ladenlokal ergänzt werden. Am Kleinen Griechenmarkt, zwischen Wolkenburg und Agrippabad, haben die beiden eher zufällig über Ebay Kleinanzeigen einen Laden gefunden, „der sehr unscheinbar aussah und nicht immens hohe Mieten hatte". Primär soll dort der – auch unverpackt mögliche – Kaffeebohnenverkauf stattfinden, außerdem sollen dort Workshops und Vorträge angeboten werden.

Finanziert haben sie den Laden durch ein Crowdfunding, bei dem sie 17.000 Euro eingesammelt haben. "Es werden jetzt Möbel gebaut, das ist das kostenintensivste, außerdem haben wir ein paar gebrauchte Sachen von anderen Röstereien gekauft“, sagt Schättgen. Generell sei die Zusammenarbeit mit anderen Röstereien sehr gut, so werden die beiden auch weiterhin die Röstmaschinen von anderen lokalen Anbietern nutzen.

Auch, wenn in den letzten Jahren immer mehr lokale Röstereien eröffnet haben, sei der Markt nicht gesättigt, so Schättgen. Ihr Anteil liege gerade mal bei rund fünf Prozent. Mit Blick auf die Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhne wird sie skeptisch: „Wenn ich in den Supermarkt gehe und da ein Kilogramm Fairtrade-gesiegelter Kaffee sechs Euro kostet, wovon 2,19 Euro Kaffeesteuer abgehen, dann kann das einfach nicht funktionieren. An der anderen Seite kann nicht genug übrig bleiben, weil da viele Menschen zwischen stecken, die alle davon leben wollen.“ Daher empfiehlt Schättgen, genau auf Transparenz zu achten und lieber bei lokalen Röstereien zu kaufen. „Bei Kaffee aus dem Supermarkt läuft meistens sehr viel schief.“

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